Ein schöner Frühsommertag im Juni bricht an. Gestern waren wir an der Ebenalp. Nur drei Piloten hatten das Glück die einzige Blase zu erwischen, die sie bis auf 3500 m über das Säntismassiv trug. Einer davon war Raffael. Absolute Rekordhöhe im Alpstein. Seine Bilder davon können auf seiner Homepage betrachtet werden. Doch für heute hatte keiner Lust. Zu heiß. Keine Thermik.

 

Ich sitze beim Frühstück. Plötzlich empfange ich eine SMS. Sie ist von Raffael. Inhalt: "Wir gehen nach Fanas" Ich rufe ihn an. Alles wichtige ist schnell vereinbart. Ich reserviere die 11 Uhr Bahn. Die Kameraden vom Dornbirner Club fahren schon 2 Bahnen früher hinauf. Schnell raffe ich alles zusammen. Nur nichts wichtiges vergessen. Mit Rekordtempo düse ich nach Fanas und stehe nach einer Stunde und 27 Minuten an der Bahn. Bei Fredi angekommen stürme ich sogleich auf die Toilette um meine Trinkflasche mit Wasser zu füllen. Fredi ist verwundert, daß ich mich heute nicht zu einem Most bei ihm niedersetze. Ich erkläre ihm, daß die Kameraden schon am Startplatz sitzen und ich um 11 Uhr 30 schon spät dran bin. Mit einem verwunderten Grinsen seinerseits verabschiede ich mich und stürme zum Startplatz.

 

Am Südstart sitzen sie : Raffael, Christian Tamegger, Ferdl und einige andere des Dornbirner Clubs. Als ich eintreffe sind sie auf der Karte schon im Zillertal. Na sauber, denke ich. Ich würde gerne mal die Strecke vorher kennenlernen. Wäre ja schon froh mal ins Ötztal zu kommen. Ich schnappe mir Ferdl (Spezialist für Flüge von Fanas zum Brenner) und quetsche ihn über die Schlüsselstellen aus. Seine lapidare Auskunft: "Es ist jedesmal anders". Aber auf jeden Fall Paznauntal und nicht Arlberg nehmen. Ausgerechnet Paznauntal, wo ich vor zwei Jahren schon mal abgesoffen bin. Also gut wir werden sehen. Ferdl startet um 12 Uhr. Mit seinem Oasis (Gin) geht er gleich gut hoch. Der nächste geht. Raff ist auch bereit. Ich beeile mich. Er ist auch schnell oben. Ich gehe raus. Es ist ein Genuß. Butterweiche Thermik hebt mich wie im Lift hinauf. Es ist super. Raff wartet bis ich seine Höhe habe, dann fliegen wir zum Sassauna, machen dort nochmal Höhe bis 2800m und fliegen weiter bis zum Lünersee. Der SW-Wind ist deutlich zu spüren.Wir saufen .....Raff fliegt die Südwände der Kirchlispitzen an. Es geht rauf wie im Expresslift. Ein blauer Firebird kommt dazu. Raff fliegt weiter Richtung Golm. Und säuft weg. Ich sehe einen gelben Schirm auf der Südseite der Drusenfluh aufdrehen. Blitzschnell entscheide ich mich umzudrehen und zu den Südwänden zurückzufliegen.Es ist mühsam gegen den SW-Wind.Als ich die Drusenfluh Südwand erreicht habe, geht es aufwärts. Zuerst dynamisch,später thermisch. Es ist irrsinnig spannend entlang der berühmt, berüchtigten Kletterrouten zu fliegen. Alte Erinnerungen werden wach.Mit 3200m schaue ich 400m über der Drusenfluh nach Norden. Von Raff ist nichts zu sehen. Ob der sich etwa im Montafon versenkt hat? Ich steuere die Sulzfluh an. Es geht nicht so richtig rauf. Da tauchen tief unter mir zwei blaue Schirme auf. Einer dreht im Kessel am Gemstobel auf und fliegt weiter zur Scheienfluh und........ nichts geht. Der dankt ab und fliegt tief nach St.Antönien. Der andere bleibt an der Sulzfluh. Wir suchen zu zweit. Ein paar Flusen vor de Gipfel kündigen es an: Es geht was. Und wie! Sattes Steigen setzt ein. Wir drehen bis 3800m auf und gleiten nach Gargellen hinüber. An der Valisera treffen wir auf Ferdl, der schon lange vor uns abgeflogen war. Sieht nicht gut aus.Der blaue vor mir wird regelrecht an den Waldhängen der Südflanke hinuntergespült. Auch mir geht es so. Also zurück zu Westflanke. Auch nichts, aber immerhin Nullschieber. Dann in einer NW-Rinne gehts los. Zuerst langsam , dann immer besser. Bald verschwinden die bedrohlichen Flanken tief unter uns und die Valisera belohnt uns mit 3900m. Dem Montafon folgend geht es nach Parthenen, wo wir vor dem Stausee Kops nochmals 3400m Höhe machen. Am Grieskogel ob Galtür geht garnichts. Also überfliegen wir Galtür und steuern das Eck zum Taleingang Jamtal an. Der SW-Wind bricht auch hier bis weit hínunter ein. Der blaue findet einen stark über das Tal versetzten Schlauch. Ich habe ihn kurz, verliere ihn wieder und finde ihn nicht mehr. Dafür finde ich endloses Saufen. Jetzt geht das Elend los! Ich fliege an die Waldhänge und sehe, daß ich mit dem Rückenwind ein Mordstempo draufhabe. Inzwischen bin ich auf 2000 m abgesoffen und es geht weiter hinab! Der blaue quert die Flanke 200 m über mir und dreht über einer Rinne. Last chance - denke ich. Wenn der sich halten kann, schaffe ich es vielleicht auch. Es ist ein wahres Jo Jo spiel in der Rinne. Thermisch, dynamisch, rauf, runter. Bin auf 1850m. Habe mir schon eine Landewiese ausgesucht. Trotzdem kampflos gebe ich nicht auf. Zäh komme ich Meter um Meter höher. Wäre ich nicht so am Kämpfen, ich könnte es richtig geniessen.Aber bald habe ich 300 m gewonnen. Über der Baumgrenze weitet sich die Rinne und endet in einem Hochplateau an dessen hinterem Ende wunderschöne, tiefblaue Bergseen in der Nachmittagssonne glitzern. Jetzt geht es immer besser und endlich habe ich das Gratniveau wieder erreicht. Der blaue ist schon weg. Ich sehe ihn schon zwei Ketten weiter nördlich drehen. Über dem Grat geht es zackig rauf und bald habe ich 4030m erreicht - Maximalhöhe für heute. Tief unten sehe ich das Paznauntal. Vorbei geht der Flug hoch über das Skigebiet von Ischgl. Ich komme jetzt auch ohne drehen zu müssen nicht tiefer als 3300 m. Ich sehe schon das Ende der Bergketten. Dahinter liegt Landeck. Inzwischen hat sich der Himmel von Südost mit dichten Zirren überzogen. Hoffentlich geht der Thermik nicht zu früh die Puste aus. Am vorletzten Gipfel mache ich nochmal Höhe und die Peilung zeigt, daß Landeck jetzt im Gleitwinkelbereich liegt. Ich quere das vordere Inntal und komme mit 2700 m am Venet an. Noch 200 m mehr und das Pitztal wäre möglich. Obwohl es erst 17 Uhr ist, ist keine Thermik mehr da. So gebe ich mich zufrieden und steuere die Landewiese in Landeck an. Nach 6 Stunden Kampf und Genuss sinke ich zufrieden ins Gras.

 

Der Himmel ist jetzt völlig bedeckt. Am Bahnhof treffe ich Ferdl und den blauen, mit dem ich die meiste Zeit geflogen bin. Sie sind zwischen Landeck und Imst gelandet. Im Zug nach Feldkirch stoßen wir mit einem kühlen Bier auf den Super- Flugtag an. Raff meldet sich über Handy, daß er bis zur Arlbergpaßhöhe gekommen ist, dort aber mangels Thermik landen musste.

 

Christian S.